“Willkommen auf dem Kreditgebermarkt!” könnte man seit Anfang 2022 sagen. Viele hatten 2022 die Hoffnung, dass sich für sie nicht viel ändern würde. Denn sie waren der Meinung, dass ihre Hausbanken durch die jahrelangen Beziehungen bei Neu- oder Anschluss-Krediten das sprichwörtliche Auge zukneifen würden. Alle Kreditgeber sind den Regularien der europäischen Kommission unterlegen. Dementsprechend war schon Anfang 2022 davon auszugehen, dass die lange Periode der Negativzinsen nun ein Ende haben würde.

Ausgangssituation

 

Die EZB hat den Leitzins bereits 2022 mehrmals erhöht. Zuletzt wurde er am 15.12.22 um 0,50 % erhöht. Der wichtigste Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank liegt daher seit dem 21. Dezember 2022 bei 2,5%. Die Inflationsrate ist laut Pressemitteilung des statistischen Bundesamts am 03.01.2023 im Dezember 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,6% gestiegen, aber im Vergleich zum Vormonat um -0,8% gesunken. Besteht nun Hoffnung, dass die Inflationsrate stagniert oder absteigt? Es hängt von vielen Komponenten ab - unter anderem der Preisentwicklung von Baustoffen, den Auftragsbüchern von Handwerkern und Bauunternehmen. Auch entscheidend sind die Lieferketten und damit zusammenhängende logistische Herausforderungen. Auf der regulatorischen Seite beschäftigt die ESG-Politik der europäischen Komission Projektentwickler und Investoren im Hinblick auf Endinvestoren und den damit zusammenhängenden Risikobewertungen der Kreditgeber.

Was wird 2023 passieren?

 

Im letzten Jahr hatte FinList über 200 Änderungen von Rahmendaten seiner 222 Kreditgeberpartner für gewerbliche Immobilienfinanzierung ab einem Volumen von fünf Millionen Euro Kapitalbedarf. Hierbei wurden für Kreditnehmer, die keine Bestandskunden waren, die Zinsen im Durchschnitt bis zum Jahresende 2022 um 150 Basispunkte im Senior Loan erhöht. Die Beleihungswerte lagen Anfang des Jahres durchschnittlich bei 80% Prozent und Ende des Jahres bei durchschnittlich 68%. Radien für Einzugsgebiete wurden verkleinert und vieles mehr. Nach Auswertung aller Veränderungen gehen wir bei FinList davon aus, dass von einer weiteren Zinserhöhung der Kreditgeber auszugehen ist.

Viele Investoren, Projektentwickler und Fonds gehen davon aus, dass Kreditvergaben Ihrer Hausbanken 2023 nicht gleich verlaufen werden. Laut Aussage der meisten Kreditgeber, mit denen FinList arbeitet werden auch strategische Partner erneut entsprechend der Regularien auf Risiken geprüft. Maßgeblich ist die Prävention von Klumpenrisiken und die generelle Krisenfestigkeit der Kreditnehmer. Demzufolge sollte man 2023 nicht davon ausgehen, dass Anschlussfinanzierungen, Re-Finanzierungen oder Neufinanzierungen bei den Hausbanken “einfach so durchgehen”.

Was ist zu tun?

 

Kreditnehmer müssen sich generell wesentlich konkreter ausdrücken. Eine klare Risikostrategie mit unterschiedlichen Notfallplänen ist von vornherein bei der Finanzierungsanfrage darzustellen. Auch Kostensparmaßnahmen müssen schlimmstenfalls abgebildet werden. Nachhaltigkeit im Hinblick auf ein qualitativ hochwertiges Investoren- und Kreditgebernetzwerk ist wichtig. Schnelle und gute Beziehungen sind maßgeblich. Wer zum Beispiel als Projektentwickler nur Vermietung bzw. nur Verkauf als Option sieht, wird auf weniger Kreditgebernetzwerk treffen. Vor allem Soft Skills sind nun klar gefragt! Auf die Zeiten der Negativzinsen zu verweisen, kann ganz schnell eine Absage hervorrufen. Es wird also nicht leichter, aber - wie so oft - mit der richtigen Strategie machbar.